Zehntausende feiern Papst Benedikt frenetisch in Rom
Zehntausende feiern Papst Benedikt bei seinem
vorletzten Angelus-Gebet. Der Vatikan drückt bei der Wahl des
Nachfolgers aufs Tempo.
Rom. Knapp zwei Wochen vor dem Ende seiner
Amtszeit ist Papst Benedikt XVI. erneut von mehreren zehntausend
Menschen umjubelt worden. Sie strömten am Sonntag zu seinem vorletzten
Angelus-Gebet auf den Petersplatz in Rom und empfingen Benedikt mit
tosendem Applaus. Während der Papst Abschied nimmt, laufen im Vatikan
die Vorbereitungen für die Wahl seines Nachfolgers. Das Konklave könnte
schon Anfang März und damit früher als geplant beginnen.
In seiner kurzen Ansprache am
Sonntag rief das scheidende Oberhaupt der katholischen Kirche die
Gläubigen zur Erneuerung, zur entschiedenen Hinwendung zu Gott und zum
"spirituellen Kampf" auf. Die Menge feierte ihn mit "Viva il papa" und
"Benedetto"-Rufen. Viele der Pilger hatten Transparente mitgebracht.
"Danke Heiligkeit" stand auf einem Spruchband. Die Menschen schwenkten
Fahnen und Tücher und jubelten dem 85-Jährigen zu.
Es war einer seiner letzten
großen Auftritte. Benedikt zeigte sich am Fenster seines Arbeitszimmers
und winkte in die Menge. "In den entscheidenden Momenten im Leben, im
Grunde genommen sogar in jedem Moment, stehen wir am Scheideweg: Wollen
wir dem Ich folgen oder Gott?", sagte er, "den individuellen Interessen
oder dem wirklich Guten?" Der Papst dankte den Menschen für ihre
Unterstützung in diesen "besonderen Tagen für mich und für die Kirche".
Rund 1000 Sicherheitskräfte
und etwa 200 Freiwillige waren in Rom im Einsatz. Die Straßen rund um
den Petersplatz wurden gesperrt, der Nahverkehr verstärkt. Die
Veranstaltung war auch ein erster wichtiger Test für die Behörden mit
Blick auf das Konklave. Am kommenden Sonntag folgt Benedikts letztes
Angelus-Gebet, am Mittwoch darauf seine letzte Generalaudienz. Allein
dafür lagen bis Samstag schon 35 000 Anfragen von Pilgern vor.
Der Vatikan treibt
unterdessen die Regelung der Nachfolge von Benedikt voran. Das Konklave
zur Wahl des neuen Kirchenoberhaupts könnte möglicherweise schon vor
Ablauf der üblichen Frist von 15 Tagen nach Beginn der Sedisvakanz
("leerer Stuhl Petri") beginnen. Das hänge mit den besonderen Umständen
zusammen, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi am Samstag.
Benedikt hatte vor einer
Woche überraschend angekündigt, zum 28. Februar zurückzutreten.
Unmittelbar danach hatte es geheißen, bis Ostern solle es ein neues
Kirchenoberhaupt geben. Benedikt ist der erste Papst der Neuzeit, der
sein Amt freiwillig aufgibt.
Die vorgesehene Frist von 15
bis 20 Tagen bis zum Beginn des Konklave dient normalerweise dazu, den
wahlberechtigten Kardinälen genügend Zeit zu geben, um aus aller Welt
nach Rom zu reisen. Da sich die Kardinäle nach dieser Ankündigung aber
entsprechend vorbereiten könnten, sei es möglich, den Beginn des
Konklaves vorzuziehen, sagte Lombardi. Die kirchenrechtlichen
Vorschriften zur Wahl eines neuen Papstes könnten so interpretiert
werden.
Bis zu seinem Rücktritt
absolviert Benedikt weiterhin offizielle Termine. Am Samstagabend
empfing er Italiens Regierungschef Mario Monti zur Privataudienz. Es sei
ein "herzliches und intensives Abschiedstreffen" gewesen, hieß es in
einer Vatikan-Mitteilung.
Am 28. Februar um 20 Uhr legt
der 85-Jährige sein Amt nieder und es beginnt die Sedisvakanz. Benedikt
will nach etwa zwei Monaten in der Sommerresidenz Castel Gandolfo in
den Vatikan zurückkehren und in ein Kloster ziehen.
Der Theologe Hans Küng
kritisierte diese Entscheidung. "Es droht mit Benedikt XVI. ein
Schattenpapst, der zwar abgedankt hat, aber indirekt weiter Einfluss
nehmen kann", sagte Küng dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Er
befürchte nach dem Rücktritt Benedikts einen Machtkampf im Vatikan.
Eine große Mehrheit der
Deutschen wünscht sich vom künftigen Papst Reformen in der katholischen
Kirche. Das geht aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts
YouGov im Auftrag der Nachrichtenagentur dpa hervor. 80 Prozent der
Befragten befürworten demnach Reformen etwa im Bereich der Sexualmoral
oder beim Zölibat. Nur sieben Prozent wollen das nicht. 77 Prozent
stellen zugleich fest, dass der Papst mit seinem Wirken keine Bedeutung
für ihren Alltag hat.
Nach Angaben seines
Biografen hat Benedikt seine Erschöpfung bereits vor längerer Zeit
eingeräumt. Für ein neues Buch über den Papst habe der Journalist Peter
Seewald das Kirchenoberhaupt in den vergangenen Monaten mehrere Male
getroffen, zuletzt vor etwa zehn Wochen, schreibt der "Focus". Auf die
Frage, was noch von seinem Pontifikat zu erwarten sei, habe er im Sommer
geantwortet: "Von mir? Nicht mehr viel. Ich bin doch ein alter Mann,
die Kraft hört auf."
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